Palästina

2024

Partnerorganisation: Katharina-Werk Sounds of Palestine

Musik-Sommer-Lager 2024

Sounds of Palestine – ein Musik-Sozialprojekt

Probe (Foto: Sounds of Palestine)

Probe (Foto: Sounds of Palestine)

Das Musik-Sozialprojekt Sounds of Palestine ist ein Langzeitprogramm für benachteiligte Kinder, das 2012 seine Arbeit in Bethlehem aufgenommen hat. Sounds of Palestine ist von der venezolanischen Musikschul-Bewegung „El Sistema“ inspiriert und kombiniert Musikerziehung mit sozialpädagogischer Arbeit. Es besteht aus einem Kindergartenprogramm, an dem aktuell 100 Kinder teilnehmen, und einem Nachmittagsprogramm für Schülerinnen und Schüler, das derzeit von rund 150 Kindern besucht wird.

Ziel ist die Unterstützung der Entwicklung der Kinder sowie die Stärkung ihrer Sozialkompetenzen. Das gemeinsame Musizieren an mehreren Nachmittagen in der Woche stärkt ihr Selbstvertrauen, ihre Ausdauer sowie Konzentrations- und Teamfähigkeit. Es hilft ihnen, ihre Ängste und Spannungen loszulassen und mit ihrem oft schwierigen Alltag besser umzugehen. Das Programm ist auf die gesamte Schulzeit der teilnehmenden Kinder ausgerichtet und kann so nachhaltig Impulse setzen.

Zusätzlich werden die Jugendlichen im Alter von 13-16 bei ihrer Berufsfindung unterstützt. Dieser Langzeitaspekt von Sounds of Palestine ist eine Besonderheit in der Projektlandschaft vor Ort.

Umfeld der Kinder und Jugendlichen

Die Kinder und Jugendliche kommen aus den drei Flüchtlingslagern Al Dheisheh, Aida und Al Azzeh camp, die rund um Bethlehem liegen. Diese Lager wurden in den Jahren 1949 bis 1950 errichtet, um die Flüchtlinge aus den besetzen Gebieten unterzubringen.

Die Kinder und ihre Familien leben in der dritten und vierten Generation unter sehr beengenden und prekären Verhältnissen in diesen Lagern. Rund 65% der Eltern leben von Gelegenheits- und Teilzeitjobs, 15% sind selbständig und nur 20% haben eine Vollzeitstelle. Auch diese verfügen nur über ein geringes Einkommen.

Anzahl Kinder und Jugendliche im Programm

Aktuell besuchen 66 Kinder (30 Mädchen und 36 Knaben) der 2. bis zur 6. Klasse (zwischen 6 und 11 Jahre alt) das Programm. Sie werden in zwei Gruppen, Qastal und Najd, aufgeteilt. Seit 2023 können die älteren Jugendlichen Mitglied des Kammerorchesters werden. Zurzeit besteht die Gruppe aus 9 Frauen und 6 Männern zwischen 15 und 18 Jahren (zwei haben die obligatorische Schule bereits abgeschlossen). Sie treffen sich einmal pro Woche zum gemeinsamen Musizieren und werden als Peer Teacher ausgebildet und eingesetzt.

Team vor Ort

Team (Foto: Sounds of Palestine)

Das Team (Foto: Sounds of Palestine)

Alle Mitarbeitenden von Sounds of Palestine leben in der Westbank. Das Team besteht aktuell aus einem Projektmanager, fünf Musiklehrerpersonen, sechs sozialpädagogischen Mitarbeitenden, zwei Wachleuten, zwei Reinigungskräften, einer Sekretärin und einem Buchhalter. Alle erhalten nebst einem regelmäßigen und sicheren Gehalt auch die Möglichkeit, sich weiterzubilden.

Musik-Sommer-Lager als fester Bestandteil des Programms

Bereits im Jahr 2014 wurde erstmals für die Kinder des Nachmittagsprogramms während der Sommerferien ein Musiklager angeboten. Dies gibt den Kindern und Jugendlichen auch in den Ferien eine gewisse Struktur und ist oftmals die einzige Aktivität und Unterhaltung in der langen Sommerpause. Seit 2018 wird das Lager zweimal durchgeführt: Einmal für die jüngeren Kinder und einmal für die Jugendlichen, da die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Nachmittagsprogramms zu groß wurde für ein gemeinsames Musik-Lager.

Aktuelle Situation

Noch nie waren die Herausforderungen für die Planung und die Umsetzung der beiden Sommerlager so anspruchsvoll wie dieses Jahr. Jeden Tag neu prüften die Sicherheitskräfte mit den Chauffeuren, auf welchen Wegen die Kinder sicher aus den Flüchtlingslagern abgeholt und nach den Veranstaltungen wieder zurückgebracht werden konnten.

Die Verpflegung der Kinder verlangte von der Köchin einiges an Flexibilität und Kreativität. Durch die kriegerischen Auseinandersetzungen sind nicht nur die Lebensmittelpreise rasant in die Höhe geklettert, auch kam es immer wieder zu Engpässen bei einzelnen Produkten, sodass das Menü kurzfristig den neuen Realitäten angepasst werden musste.

Das ganze Team, vom Projektmanager, den Musiklehrpersonen und Sozialarbeitenden bis hin zu den Chauffeuren, Sicherheitsleuten und Reinigungsfachkräften – alle haben vollen Einsatz geleistet, um den Kindern und Jugendlichen trotz aller Schwierigkeiten einige Tage mit Musik, Spiel, Freude und Spass zu ermöglichen.

Ziele der Sommercamps

Die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen kommen aus sozial benachteiligten Familien und einem sehr schwierigen Umfeld. Mit den Sommerlagern verfolgen wir neben sozialen aucgh musikalische Zielsetzungen:

  • Jüngere Kinder (Gruppen Qastal und Najd): Primäres Ziel ist es, das eigene Instrument immer sicherer zu spielen und im Orchester die eigene Stimme zu halten. Basiskenntnisse der Musiktheorie werden vertieft.
  • Ältere Jugendliche (Gruppe Yarda und Lifta): Nebst der Stärkung des eigenen Spiels und der Sicherheit im Auftritt bei Konzerten werden auch die Musiktheorie und der Umgang mit Takt und Rhythmus gefördert und die Jugendlichen zu Improvisationen und eigenen Kompositionen.

Redaktionell bearbeiteter Auszug aus dem Bericht von Barbara Cavelti, Vorstandsmitglied Katharina-Werk Sounds of Palestine.

2019 – 2020

MAKAN – Children Play Therapy Initiative

Schon seit dem Frühjahr in Palästina unterwegs ist das Projekt MAKAN – Children Play Therapy Initiative mit der Musikpädagogin Joline Shamieh Khader und zeitweise dem Tänzer Mohan C. Thomas aus Essen. Sie ziehen in der Westbank von Ort zu Ort, zuerst Bethlehem, Hebron and Jericho, und veranstalten spontan in Zusammenarbeit mit Schulen, Sommerlagern, Waisenhäusern, Bedouinengemeinschaften u.a. Workshops mit Kindern und Jugendlichen. Diese beginnen mit einer vorgelesenen Geschichte und die Kinder können daraus eigene Interpretationen der Geschichte und ihren Fortgang mit Zeichnen, Formen, Musik und Tanz entwickeln.

Spieltherapie mit Kindern in Palästina

Spieltherapie mit Kindern in Palästina (Foto: Joline Shamieh Khader)

Hintergrund

Aus Palästina schrieb Joline Shamieh Khader (Projekt MAKAN) einen Zwischenbericht:

„Es war für uns von entscheidender Bedeutung, den Willen der Kinder proaktiv in den Entscheidungsprozess einzubeziehen. Deshalb haben wir die Schüler und ihre Eltern um Feedback gebeten und gefragt: wie können wir am besten helfen? Wir konnten 410 Kinder, 45 Lehrer, 12 Assistenten und 80 Eltern in drei verschiedenen Städten erreichen. Das war weit mehr als das, was wir geplant haben.

Eine der wichtigsten Erfolgsgeschichten, die wir erlebt haben, ist, dass viele Kinder nach nur einer Sitzung gefühlt haben, dass sie ihr Leben und ihre Probleme auf spielerische Weise mit uns teilen wollen.

Während jeder Sitzung versuchen wir, eine Beziehung zu den Kindern aufzubauen, bevor wir etwas tun. Also beginnen wir mit einem Eisbrecherspiel und stellen ihnen dann eine Geschichte vor, und dann reagieren sie darauf, aber nicht durch Diskussion, sondern durch diesen Ablauf:

1. Wir bitten die Kinder, zu zeichnen, wer sie in dieser Geschichte sind und warum.

2. Wir bitten die Kinder, die Geschichte so zu beenden, wie sie es besser sehen.

3. Wir bitten die Kinder, Bewegungen zu machen, um zu beschreiben, wie sie sich über die Geschichte gefühlt haben (normalerweise im Kreis).

4. Wir bitten die Kinder, mit Sand zu spielen und Formen zu machen, die ihre Emotionen ausdrücken.

5. Wir drucken Fotos und kleine Bücher, damit sie zeichnen und schreiben können, wie sie ihre eigene Geschichte anderen Kindern erzählen können.

6. Wir bitten die Kinder, Musik mit ihrem eigenen Körper, jedem Stuhl und allem, was Musik und Klang in den Räumen spielt, zu spielen. Wir enden mit einem großen Lärm, aber viel Freude!

Am Ende jeder Sitzung zeigen die Kinder eine 2-minütige Präsentation, einige Kinder erzählen die Geschichte nur mir und andere Kinder teilen sie gerne mit allen Kindern. Dieser Moment ist sehr emotional, da einige der Reaktionen der Kinder zeigen, wie sehr die Kinder verwundbar sind und wie viel sie freisetzen müssen.

Warum Storytelling? Oder wir nennen es „Kreative Kunsttherapie“, denn wir haben festgestellt, dass Geschichtenerzählen ein guter Auslöser ist, weil wir alle anderen Aktivitäten als Teil davon durchführen können. Anstatt einem Kind zu sagen, dass es seine Ängste zeichnen soll, werden die Kinder dies tun, indem sie Ihnen von der Geschichte erzählen. Wir werden nicht ständig nur Geschichten erzählen, aber wir glauben, dass es ein großartiges Werkzeug ist, um Kinder dazu zu bringen, ihre Probleme zu äußern und offen für andere Aktivitäten zu sein.

Wir sehen und erwarten, dass die Auswirkungen, die innerhalb unserer Kinder entstehen, durch unsere kontinuierlichen Bemühungen und Programme auf andere Kinder übertragen werden. Jedes Kind hat eine Geschichte, die es im Spiel erzählen kann. Makan stellt die Seiten zur Verfügung, auf denen diese Geschichte ausgedrückt werden kann. Durch das Spiel.“

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