Kolumbien

2023-2025

Partnerorganisation: terre des hommes Deutschland

Taller Sur Art School: Populäre Kunsterziehung als Instrument für das Streben nach Gleichheit, Wohlbefinden, sozialer Gerechtigkeit und Frieden.

Taller Sur Art School

Der Hintergrund

Seit mehr als 50 Jahren herrscht in Kolumbien Krieg zwischen bewaffneten Gruppen und staatlichem Militär. Zwar wurde vor sieben Jahren ein offizieller Friedensvertrag mit einer der größten Konfliktparteien, der FARC, vereinbart, jedoch hat sich seither wenig verändert. Die letzten Jahre waren geprägt von fehlenden Bedingungen für die Umsetzung der Friedensabkommen. So auch in der Projektregion Usme, Bogotá, die fortsehend mit bewaffneten Konflikten, Menschenrechtsverletzungen, Gewalt, Zwangsvertreibung, Bedrohungen, Zwangsrekrutierung von Minderjährigen und Tötungsdelikten konfrontiert ist.

Der bewaffnete Konflikt in Usme hat verheerende Auswirkungen auf die Kinder und Jugendlichen, die in dem Gebiet leben: So führen Zwangsrekrutierungen durch illegale bewaffnete Gruppen oft zu Traumata, da sie Gewalt erfahren und Zeuge traumatischer Situationen werden. Auch die erzwungenen Vertreibungen wirken sich negativ auf das Leben der Kinder aus. Sie führen oft zur Unterbrechung der Ausbildung, zur Trennung von Freunden und Familie sowie zum Verlust des gewohnten und sicheren Umfelds. Auch Armut wird durch den Konflikt verstärkt, und damit einhergehend der fehlende Zugang zu angemessener Nahrung und medizinischer Versorgung.

Deshalb ist der Schutz der Rechte von Kindern und die Durchführung von Maßnahmen zu ihrer Genesung und ihrem Wohlergehen von grundlegender Bedeutung für die Bewältigung dieser Auswirkungen.

Theater und Musik

Die Zielsetzung

Durch künstlerische, kulturelle und politische Bildung trägt der Besuch der Taller Sur Art School dazu bei, dass Kinder und Jugendliche partizipativ und friedensfördernd am sozialen Wandel in Kolumbien teilhaben.

Die Partnerorganisation

Die Kunstschule Taller Sur (Escuela de Arte Taller Sur) wurde 2013 als Initiative von Lehrkräften, Studierenden und sozialen Führungskräften in der kolumbianischen Region Usme gegründet. Dabei standen drei zentrale Fragen im Vordergrund:

  • Welche Rolle spielen Kunst und Künstler*innen in der Gesellschaft?
  • Ist es in Kolumbien möglich, von der Kunst zu leben oder nicht?
  • Kann die Kunst ein Element für den sozialen Wandel sein?

Seit der Gründung erforschen Schüler*innen an der Kunstschule in der künstlerischen Auseinandersetzung insbesondere Wege des friedvollen Zusammenlebens in einer von Konflikten geschüttelten Gesellschaft.

Die Kunstschule Taller Sur befindet sich in der Ortschaft Usme, Bogota (ein Gebiet, das zu 30% städtisch und zu 70% ländlich geprägt ist). Derzeit besteht das Team aus 27 Workshop- Leiter*innen, darunter Lehrkräfte, Universitätsstudierende und Kunstschaffende.

Mädchen und Jungs in der Taller Sur Art School

Die wichtigsten Aktivitäten des Projekts

  • künstlerische Ausbildungsworkshops für 300 Kinder und Jugendliche in den Bereichen Theater, Gesang, Gitarre, musikalische Grammatik, Dudelsack, Trommeln und Tamburin, Weben, plastische Künste, Schauspiel, Zumba, Englisch, Philosophie für Kinder, Menschenrechte, Zeichnen, u.w.
  • Organisation des VI. und VII. UN-Sozialforums: Ein Karneval für das Leben, die Beteiligung von Akteuren und den Frieden.
  • Organisation und Durchführung des populären Musikfestivals „Acorde Pacifico
  • Bazaar und Pazar“: Basar für Territorium und Frieden
  • ein altersgerecht aufbereiteter Diplomkurs für 130 Kinder und 50 junge Erwachsene zu den Themen Menschen- und Kinderrechte, Frieden und Versöhnung
  • Schulungen für 20 pädagogische Fachkräfte für die Entwicklung von kind- und jungendgerechten Lehrplänen

2022-2023

Partnerorganisation: terre des hommes Deutschland

Hilfe für Kindersoldaten und Opfer gewaltsamer Konflikte in der Kunstakademie Benposta

Percussion und Tanz

Der Hintergrund

Seit mehr als 50 Jahren herrscht in Kolumbien Krieg zwischen bewaffneten Gruppen und staatlichem Militär. Zwar wurde vor sieben Jahren ein offizieller Friedensvertrag mit einer der größten Konfliktparteien, der FARC, vereinbart, jedoch hat sich seither wenig verändert.

Menschenrechtsverletzungen sind in Kolumbien weiterhin an der Tagesordnung und besonders Kinder laufen Gefahr, von einer der Konfliktparteien als Kämpfer, Helfer oder auch als Spion oder Bote zwangsrekrutiert zu werden. Verlangt werden von den Kindern und Jugendlichen bedingungsloser Gehorsam und absolute Loyalität. Nicht selten werden Drogen eingesetzt, um die Angst der Kinder und Jugendlichen zu betäuben, ihre Sinne abzustumpfen und die Hemmschwelle zur Gewalt herabzusetzen.

Gleichwohl der geschlossene Friedensvertrag eine Demobilisierung von Kindersoldaten vorsieht, steigen seit 2017 die Anzahl von Kindersoldaten im Land wieder stetig an. In mehreren Regionen Kolumbiens sind weiterhin bewaffnete Gruppen aktiv, welche eine Gefahr für Kinder und Jugendliche sind.

Ballspiele

Zielsetzung

Kinder und Jugendliche, die vom bewaffneten Konflikt in Kolumbien betroffen sind, haben Zugang zu Schutzzentren und nehmen an Prozessen zur emotionalen Stabilisierung teil. Dies geschieht im Rahmen der Strategie

Cultura para la Vida“, die über eine künstlerisch geprägte Bildung an der Kunstakademie unserer Partnerorganisation Benposta angewendet wird.

In dieser Projektphase erhalten 120 ehemalige Kindersoldaten und Opfer von bewaffneten Konflikten die Chance, ein neues Leben zu beginnen. An der Kunstakademie erfahren die Kinder und Jugendlichen im Alter von 8 bis 23 Jahren Schutz und verarbeiten ihre traumatischen Erfahrungen, die sie durch bewaffnete Konflikte erlitten haben.

Dies geschieht u.a. durch künstlerische, sportliche und berufsbildende Kurse (u.a. Kampfsport, Malen, Tanz, Gesang und Schneiderei).

Essen und Musik genießen

Die wichtigsten Aktivitäten und Erfolge des Projekts

  • 120 Kinder und Jugendlichen konnten in den zwei Projektjahren an künstlerisch geprägten Workshops an der Kunstakademie Benposta teilnehmen. Sie besuchten Kurse zu Gesang, Percussion, Tanz, Karate, Fußball, Handarbeit, Nähen, Weben, Kommunikation sowie körperlichem Ausdruck und Theater. Dabei wurde Wert auf die Kontinuität des Angebots sowie auf den Raum für die individuellen Bedürfnisse, insbesondere hinsichtlich traumatischer Erfahrungen, der Kinder und Jugendlichen gelegt.
  • aufgrund mangelnden Interesses wurde der zunächst geplante Kurs zum kreativen Basteln abgelöst durch ein neues Angebot zur Erforschung des körperlichen Ausdrucks sowie des Theaterspielens. Dieser fand bei den Kindern und Jugendlichen Anklang und wurde gerne besucht.
  • im Jahr 2023 wurde zudem ein Workshop für Wandmalerei zum Thema gewaltfreie Kommunikation realisiert, dessen Ergebnis ein Wandbild an einer Außenwand der Benposta-Aula war.
  • ein zentraler Workshop in diesen zwei Projektjahren war die kollektive Gestaltung eines gemeinsamen künstlerischen Werks: „Sueños al Viento“ (Träume im Wind)
    • Die Inszenierung „Sueños al Viento“ bearbeitete zentrale Themen im kolumbianischen Kontext: Den ethnischen und kulturellen Reichtum des Landes, die im Land herrschende Gewalt und deren Folgen, die Bewältigung traumatisierender Erfahrungen durch Rituale, die kollektive Rückgewinnung des Lebenssinns sowie das gemeinsame Feiern der Lebensfreude.
    • Nachdem im Juli und August 2022 dieses Projekt angestoßen wurde und mit dem Schriftsteller Fernando González eine durchleitende Person gefunden wurde, folgte die thematische Erarbeitung sowie die kreative Entwicklung eines Bühnenbildes mit den teilnehmenden Kindern und Jugendlichen. Zu diesem Zweck wurden die notwendigen Materialien eingekauft und auch die Nähwerkstatt in die Herstellung der Kulissen mit einbezogen. Das Theater wurde zudem mit einem Projektionsvorhang ausgestattet, der das Mitwirken der Kinder und Jugendlichen aus dem Foto- und Videoworkshop an diesem Projekt ermöglichte.
    • Die Kinder und Jugendlichen jedes Benposta-Workshops trugen zur Entwicklung des Stück durch die kreative Gestaltung der Kostüme, der musikalischen Entwicklung, der Realisierung des Bühnenbilds, der Entwicklung der Choreographie sowie der theatralischen Absicht und der Umsetzung weiterer Requisiten bei.
    • Bei den Proben im Oktober 2023 wurden die verschiedenen künstlerischen Ausdrucksformen zusammengebracht. Bei den Generalproben im November 2023 wurden Bühnenbild, Beleuchtung, Kostüme, Musik, Tanz, Theater, Karate, Requisiten und audiovisuelle Vorschläge hinzugefügt. So wurde Stück für Stück das gemeinsame Werk von den Kindern und Jugendlichen gestaltet und schließlich zur Aufführung gebracht.
    • Die Premiere des Stücks fand im Rahmen der Feierlichkeiten am 23. November 2023, dem Jahrestag der Unterzeichnung des Friedensabkommens mit der FARC, statt. Am 26. November wurde das Theaterstück in Anwesenheit von Eltern, Lehrkräften und der gesamten Gemeinde anlässlich der Schulabschlussfeier an der Kunstakademie Benposta erneut aufgeführt.

Fazit

Die künstlerische Ausbildung wirkte sich positiv auf die persönliche Entwicklung der Kinder und Jugendlichen aus. Das Wissen um ihre körperlichen und individuellen Fähigkeiten förderte ihre individuelle Entwicklung und die unterstützte die Verarbeitung des erfahrenen Leids.

Es ist wichtig hervorzuheben, dass sich durch die künstlerischen Erfahrungen an der Kunstakademie Benposta zwei wichtige Dimensionen der menschlichen Entwicklung ergeben: Einerseits die persönliche Dimension, die zur Wiederherstellung des Selbstwertgefühls der Kinder und Jugendlichen beiträgt. Und andererseits die kollektive Dimension, insofern das die Kinder und Jugendlichen durch konkrete Praktiken entdecken, dass ihre individuelle Leistung das Gruppengefüge an der Akademie Benposta aktiv mitgestaltet und sie direkt Einfluss nehmen können.

 ↑